Belästigung
Merkmale von Belästigung (nach dem B-GlBG) und rechtliche Bezüge
Verhalten aus der Sphäre der Diskriminierungstatbestände
Die belästigende Person setzt ein Verhalten aus der sexuellen Sphäre oder mit geschlechtsbezogenem Zusammenhang oder aber aus der Sphäre der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion bzw. der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung.
Würdeverletzung
Die Handlung führt zu einer Würdeverletzung der*des Betroffenen oder bezweckt diese. Die Würdeverletzung ist objektiv zu beurteilen, das Verhalten muss also von außen betrachtet herabwürdigend sein.
„Würdeverletzend ist ein Verhalten dann, wenn es eine Person herabwürdigt und diese Herabwürdigung ein gewisses Mindestmaß an Intensität überschreitet. Ob das konkret der Fall ist, ist objektiv und aus dem Zusammenhang zu beurteilen. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang, ob ein Machtgefälle und eine damit einhergehende eingeschränkte Möglichkeit sich zu wehren, ausgenutzt wurde.“ (vgl. https://www.gleichbehandlungsanwaltschaft.gv.at/Themen/Belaestigung.html)
Unerwünschtheit
Ob das gesetzte Verhalten für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist, ist subjektiv, also abhängig vom individuellen Empfinden, zu beurteilen. Es gibt aber keine Obliegenheit der betroffenen Person, die Unerwünschtheit der belästigenden Person gegenüber erkenntlich zu machen. Schweigen ist nicht automatisch als Zustimmung zu werten. Die Verantwortung liegt bei der handelnden Person sicherzustellen, dass das Verhalten in Ordnung ist. Beurteilt wird danach, ob die belästigende Person aus Sicht einer objektiven Betrachterin*eines objektiven Betrachters davon ausgehen hätte müssen, dass ihr Verhalten nicht erwünscht ist.
Betroffenen wird dennoch geraten: Abwehren, statt ignorieren. Der Unmut über unerwünschte Handlungen soll deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Belästigung soll klar und direkt zurückgewiesen werden. Dies ist jedoch keine Voraussetzung für das Ergreifen rechtlicher Schritte.
Beeinträchtigung des Arbeits- oder Studienumfeldes
Durch die unerwünschte Verhaltensweise wird eine einschüchternde, feindselige, entwürdigende oder demütigende Arbeits- oder Studienumwelt für die betroffene Person geschaffen oder wird diese bezweckt.
Rechtliche Bezüge im Zusammenhang mit Belästigungen
Neben dienst- und arbeitsrechtlichen, sowie straf- und privatrechtlichen Regeln sind insbesondere die für die Universität Graz geltenden Normen des Gleichbehandlungsrechts (Bundes-Gleichbehandlungsgesetz und Satzungsteile GLP 2017) relevant und liefern Vorgaben und Schutzbestimmungen für Universitätsangehörige. Besonders die §§ 8, 8a und 16 sowie 42 Abs 2 B-GlBG sowie die §§ 24 und 45f GLP 2017 sind hervorzuheben.
Belästigung am Arbeitsplatz oder im Studium kann Rechtsfolgen nach sich ziehen. Das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz legt fest, dass Diskriminierung auf Grund des Geschlechts sowie auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion bzw. der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung eine Dienstpflichtverletzung darstellt. Belästigung wird explizit als Diskriminierung deklariert und kann zu Schadenersatzansprüchen führen.
Die Haftung der Belästiger*innen nach Bundes-Gleichbehandlungsgesetz ist verschuldensunabhängig. Das heißt, es kommt nicht darauf an, ob jemand explizit belästigen wollte oder nicht.
Eine Haftung der Universität besteht dann, wenn diese es schuldhaft unterlässt, angemessene Abhilfe zu schaffen.
Diskriminierung per Assoziierung: Belästigung liegt auch vor, wenn eine Person auf Grund ihres Naheverhältnisses zu einer Person wegen deren Geschlechts (vgl. § 4a Abs 5 B-GlBG) oder wenn eine Person auf Grund ihres Naheverhältnisses zu einer Person wegen deren ethnischer Zugehörigkeit, deren Religion bzw. deren Weltanschauung, deren Alters oder deren sexuellen Orientierung (§ 13a Abs 4 B-GlBG) belästigt wird.
Weiter besteht ein Benachteiligungsverbot nach § 20b B-GlBG, wonach Dienstnehmer*innen durch die Vertretung des Dienstgebers bzw. der Dienstgeberin als Reaktion auf eine Beschwerde oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden dürfen. Auch andere Dienstnehmer*innen, die als Zeugin*Zeuge oder Auskunftsperson in einem Verfahren auftreten oder eine Beschwerde von Dienstnehmer*innen unterstützen, dürfen als Reaktion auf eine Beschwerde oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden.
Sexuelle Belästigung
Wir haben uns in diesem Format für den Begriff „sexuelle Belästigung“ anstelle von „sexualisierte Belästigung“ entschieden, da sich ersterer sowohl rechtlich als auch in der Öffentlichkeit etabliert hat.
Zum Teil wird in der Fachwelt auch von "sexualisierter Gewalt" gesprochen (an Stelle von "sexueller Gewalt"), da Motive für sexualisierte Gewalt nicht vorwiegend der Sexualität zuzuordnen sind, sondern überwiegend Demonstrationen von Überlegenheit bzw. Macht sind, nicht ein Ausdruck der Nicht-Kontrollierbarkeit sexueller Triebe (siehe z.B. gewaltinfo.at). Dies trifft gleichermaßen auf sexualisierte Belästigung als eine mögliche Ausprägungsform von sexualisierter Gewalt zu.
Hier geht's zum Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG), besonders zu beachten: § 8 sowie § 42 Abs 2.
Wann kann von sexueller Belästigung gesprochen werden?
Bei der rechtlichen Beurteilung werden die vier oben beschriebenen Merkmale herangezogen.
Sexualisierte Belästigung ist keine Annäherung, die auf Gegenseitigkeit beruht, sondern eine, die gegen den Willen einer der beteiligten Personen Seiten geschieht. Es ist eine Form psychischer und/oder physischer Gewalt sowie des Missbrauchs. Belästigende Personen versuchen, Macht und Überlegenheit zu demonstrieren und verletzen die Würde der betroffenen Person.
Oft kann es schwierig erscheinen, das Erlebte einzuordnen. Die Grenze zwischen sexueller Annäherung und sexualisierter Machtausübung kann manchmal schwer erkennbar sein. Es kann hilfreich sein, die Situation zu reflektieren und dabei gut auf sich selbst zu hören.
Sexualität beruht auf Gegenseitigkeit. Handlungen, die ohne das Einverständnis einer Seite zustande kommen, können zu sexualisierter Belästigung zählen. Die Ablehnung der Handlung zum Ausdruck zu bringen, kann ein wichtiger Schritt sein, ist jedoch keine Voraussetzung für die rechtliche Einordnung des Verhaltens als sexuelle Belästigung und für das Ergreifen von Rechtsschritten.
Was zählt zu sexueller Belästigung am Arbeits- bzw. Studienplatz?
Sexuelle Belästigung am Arbeits- oder Studienplatz kann visuelle, verbale oder körperliche Erscheinungsformen haben. Beispiele dafür sind:
- Pornografische Bilder oder Poster von Pin-ups im Arbeitsbereich (auch am PC oder am Mousepad)
- Anstarren, taxierende Blicke
- anzügliche Witze, Hinterherpfeifen
- anzügliche Bemerkungen z.B. über die Figur oder sexuelles Verhalten im Privatleben
- eindeutige verbale sexuelle Äußerungen
- unerwünschte Einladungen mit eindeutiger (benannter) Absicht
- Telefongespräche, Briefe, E-Mails oder SMS/Whatsapp-Nachrichten mit sexuellen Anspielungen
- Versprechen von beruflichen Vorteilen bei sexuellem Entgegenkommen
- Androhen von beruflichen Nachteilen bei sexueller Verweigerung
- zufällige/gezielte körperliche Berührungen (z.B. Po-Kneifen und -Klapsen)
- Aufforderung zu sexuellen Handlungen
- exhibitionistische Handlungen
- Vergewaltigung und andere strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung
Geschlechtsbezogene Belästigung
Die geschlechtsbezogene Belästigung wird nach denselben Parametern wie oben beschrieben beurteilt, nur dass ein Verhalten aus der geschlechtsbezogenen Sphäre anstatt aus der sexuellen Sphäre gesetzt wird.
Dabei sind sowohl die Unterscheidung Mann-Frau als auch alle Varianten der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich/weiblich umfasst.
Beispiele wären etwa stereotype Benachteiligungen und Redensarten, z.B. „Das können Männer besser“, „Frauen sind dafür nicht geeignet“, „Frauen haben mit Technik nichts am Hut“, „Männer sind dafür zu unsensibel“, sogenannte Blondinenwitze, „Inter? Dann bin ich jetzt eine Rakete“, „Fast hätte ich Sie wirklich für eine Frau gehalten.“, „Du bist nicht transsexuell – du hast einen Tick.“ usw. Die Beurteilung, ob ein Verhalten geschlechtsbezogen ist, muss immer im konkreten Einzelfall beurteilt werden.
Hier geht es zum Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG), besonders zu beachten: § 8a sowie § 42 Abs 2.
Belästigung im Zusammenhang mit der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion bzw. Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung
Auch diese Form der Belästigung ist durch die oben beschriebenen Parameter gekennzeichnet. Das belästigende Verhalten steht aber in Zusammenhang mit der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion bzw. Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung.
Rassistische Beschimpfungen, LGBTIQ*-feindliche Kommentare, Geringschätzung von Personen auf Grund ihres (jüngeren oder höheren) Alters können verbotene Belästigungen im Sinne des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes sein.
Hier geht's zum Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG), besonders zu beachten: § 16 sowie § 42 Abs 2.
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